Als Hobbybrauer kann man Massentauglichkeit, Absatzzahlen und dem Reinheitsgebot trotzen und seiner Kreativität bei der Zutatenwahl freien Lauf lassen. In unserer Serie “Kreativ brauen” erklären wir Schritt für Schritt, wie man z.B. mit Kaffee, Kräutern, Früchten & co. außergewöhnliche Biere braut. Je nach Zutat geht man dabei unterschiedlich vor. In diesem Teil kommen Himbeeren zum Einsatz!
Was bewirken Himbeeren im Bier?
Himbeerbier – das klingt nach Sommer, Grillparty und Strand, und irgendwie auch nach einer neuen Erfindung leicht verrückter Craft-Brauer. Fruchtbiere sind allerdings alles andere als neu, vor allem in Belgien haben sogenannte “Lambics” eine sehr lange Tradition und werden nach historisch überlieferten Herstellungsmethoden gefertigt. Häufig kommen in Lambicbieren Sauerkirschen (“Kriek”), Pfirsiche (“Pêche”), schwarze Johannisbeeren (“Cassis”) oder Äpfel (“Pomme”) zum Einsatz – oder eben Himbeeren, die Biere heißen dann “Framboos” oder “Framboise”.
Himbeeren beeinflussen das Aroma, die Säure und natürlich die Farbe des Bieres. Im Bierglas verströmen sie einen herrlich fruchtigen und frischen Duft, machen das Bier durch den hohen Gehalt an organischen Säuren aber auch saurer. Dazu aber später mehr.
Wie und wann kommen Himbeeren im Brauprozess zum Einsatz?
Himbeeren haben die Eigenschaft, ihre Farbe und ihr Aroma relativ schnell abzugeben. Man muss sie nur leicht andrücken, und schon verströmen sie ihren typischen Duft – und färben sofort alles rot, was mit ihnen in Berührung kommt. Perfekte Voraussetzung also für das sogenannte „Stopfen“ des fertig vergorenen Bieres mit Himbeeren.
Was bedeutet stopfen? Einen → Artikel zum Thema Hopfenstopfen findest Du bereits in unserem Blog. Wenn Du den Artikel schon gelesen oder sogar schon einmal Hopfen mit der Braubox Hopfen gestopft hast, kannst Du diesen Absatz getrost überspringen. Für alle anderen gibt es hier einen Crashkurs in Sachen Hopfenstopfen: Die Idee des Hopfenstopfens ist, das Hopfenaroma im Bier zu intensivieren. Während sich das Hopfenkochen hervorragend eignet, um die Bitterstoffe aus dem Hopfen zu extrahieren, ist es eher ungeeignet, um intensive Hopfenaromen ins Bier zu bekommen – denn die volatilen Aroma-Öle verflüchtigen sich während des Kochvorgangs. Beim Hopfenstopfen bleiben sie allerdings erhalten – denn die Zugabe des Hopfens findet meist erst nach der Gärung statt, in einem Lagertank und bei niedrigen Temperaturen. Man kann das Ganze mit einem Teebeutel vergleichen: Dem Bier wird, nachdem es fertig vergoren wurde, Hopfen hinzugefügt. Dieser verbleibt dann für einige Zeit im Bier und „zieht durch“. So werden die spezifischen Hopfenaromen an das Bier abgegeben, nicht aber die Bitterstoffe (diese lösen sich erst bei hohen Temperaturen über 80 °C aus dem Hopfen).
Stopfen von fertig vergorenem Bier funktioniert aber nicht nur mit Hopfen, sondern auch mit Himbeeren. Diese geben ja, wie oben schon erwähnt, bereitwillig ihr Aroma und ihre Farbe ab, vor allem in Alkohol. Himbeeren haben außerdem eine weitere tolle Eigenschaft: Im Gegensatz zu Hopfenpellets sind sie recht grob und verteilen sich beim Stopfen nicht in Form von tausenden kleinen Partikeln im Bier. Hopfenpellets gibt man also besser in feinmaschigen Beuteln, die man später wieder herausziehen kann, ins Bier. Himbeeren hingegen kann man einfach direkt ins Jungbier geben, sie schwimmen brav an der Oberfläche des Bieres und so kann man das Jungbier nach dem Stopfen recht einfach abfüllen, ohne dass Himbeerklumpen den Abfüllschlauch verstopfen.
Mit Himbeeren getsopften Jungbier in der Gärflasche
Die Sache mit der Säure
Himbeeren enthalten viel Säure, vor allem Zitronensäure. Die macht sich auch im Bier bemerkbar. Wer ein knallrotes Himbeerbier brauen möchte, der braut auch gleichzeitig ein sektähnliches Sauerbier, und das ist bekanntlich nicht jedermanns Sache. Gleichzeitig verträgt sich der hohe Säuregehalt nicht gut mit der Bitterkeit stark gehopfter Biere, weshalb man bei der Wahl des richtigen Bierstils z.B. auf ein fruchtiges Summer Ale, ein spritziges Weizenbier oder ein süffiges Helles zurückgreifen sollte. Bierstile mit einer hohen Restsüße (Stichwort Karamellmalze) machen Sinn, um der Säure aus den Himbeeren eine ausgleichende süßliche Komponente an die Hand zu geben. Und zu guter Letzt machen helle Biere ohnehin Sinn, wenn man Wert auf einen hübschen Rotton des Bieres legt – ein tiefschwarzes Stout bleibt nun mal auch dann tiefschwarz, wenn man Himbeeren zugibt 😉
Wer kein Sauerbier-Fan ist, sollte mit einer kleinen Menge Himbeeren starten und sich damit arrangieren, dass die Bierfarbe eher blassrosa als knallrot sein wird. Um die Säure etwas in den Griff zu bekommen, kann man Himbeerbier mit etwas Xylit oder Milchzucker einzubrauen. Beides kann von der Hefe nicht vergoren werden, die Süße verbleibt im Bier. Milchzucker (Lactose) wird hier von uns favorisiert, denn er sorgt gleichzeitig für eine samtiges Mundgefühl. Einige nennen es “sahnig”, weswegen Himbeerbiere mit viel Milchzucker auch “Raspberry Milkshake Ales” genannt werden. Klingt uns etwas zu poppig, wir begnügen uns im Rezept mit einer kleinen Menge.
Die richtige Menge Himbeeren
Als Bierstil entscheiden wir uns also beispielsweise für ein Summer Ale, das wir mit Himbeeren stopfen und in ein sommerliches “Raspberry Summer Ale” verwandeln wollen. Jetzt stellt sich die Frage, welche Menge Himbeeren zum Einsatz kommt. Michael Tonsmeire, auch bekannt als “The Mad Fermentationist” und Autor der → Sauerbier-Bibel “American Sour Beers” empfiehlt für das Stopfen 60 – 360 g Himbeeren pro Liter Jungbier. Das ist allerdings sehr vage, weswegen wir nach einigen Testsuden folgende Empfehlungen geben können:
50g/Liter Jungbier: Rosa Farbe, moderate Säure, leichtes Himbeer-Aroma
75g/Liter Jungbier: Rosarote Farbe, deutliche Säure, kräftiges Himbeer-Aroma
100g/Liter Jungbier: Leuchtend rote Farbe, dominante Säure, intensives Himbeer-Aroma
Das heißt in der Praxis: Wenn Du mit unserer → Braubox ein Bier gebraut hast, wirst Du nach vollendeter Gärung ca. 4 Liter fertig vergorenes Jungbier in Deiner Gärflasche haben. Möchtest Du das nun mit 75g/Liter Himbeeren stopfen, benötigst Du insgesamt 300 g Himbeeren. Wir empfehlen tiefgefrorene Himbeeren, da diese im Gegensatz zu frischen nahezu keimfrei sind. Außerdem sind die Zellwände durch die Frostung bereits aufgebrochen, die Himbeeren lassen sich so besser pürieren (jawoll, die Himbeeren werden püriert. Siehe Rezept weiter unten).
Braust Du mit unserem → 20 Liter Brauset, wirst Du nach der Gärung ca. 20 Liter fertig vergorenes Jungbier in Deinem Gäreimer haben. Möchtest Du nun mit 75g/Liter stopfen, benötigst Du insgesamt 1,5 kg Himbeeren. Hier kannst Du übrigens einfach den mitgelieferten Hopfenfilter zum Stopfen benutzen, praktisch!
Rezept “Raspberry Summer Ale” mit der Braubox brauen
Das benötigst Du:
- Eine Braubox der Sorte „Summer Ale“: → Im Shop ansehen
- Falls Du schon eine Braubox besitzt, bekommst Du ein Nachfüllpaket “Summer Ale”: → Im Shop ansehen
- Einen großen Kochtopf (mind. 8 Liter Volumen)
- Einen zweiten großen Kochtopf oder hitzebeständigen Eimer zum Läutern
- Ein großes grobmaschiges Küchensieb (→ Im Shop ansehen)
- Einen Messbecher (→ Im Shop ansehen)
- Einen Kochlöffel (→ Im Shop ansehen)
- Einen Trichter (→ Im Shop ansehen)
- Einen kleineren Behälter für die Reinigungsflüssigkeit
- Eine grammgenaue Küchenwaage
- 12 leere Bügelflaschen à 0,33l oder 8 Flaschen à 0,5l (→ Im Shop ansehen)
- 300 g gefrorene Himbeeren
- optional: 100 g Lactose-Pulver
- Haushaltszucker
- Leitungswasser
Das Summer Ale braust Du exakt so, wie es in der mitgelieferten → Brauanleitung der Braubox beschrieben wird – mit einer Ausnahme: Beim Hopfenkochen gibst Du 5 Minuten vor Kochende das Lactose-Pulver in die kochende Würze. Dieser Schritt ist allerdings optional und soll der Säure der Himbeeren eine süßliche Gegenkomponente an die Hand geben.
Das Bier wird anschließend ganz normal in der Gärflasche vergoren. Nach der Gärung füllst Du das Jungbier aber nicht wie gewohnt in Bierflaschen, sondern in Deinen Kochtopf, in dem Du auch das Bier gebraut hast (vorher gründlich reinigen!). Der Hefesatz verbleibt natürlich auch hier in der Gärflasche.
Nimm nun die Himbeeren aus dem Gefrierfach.
Reinige Deine Gärflasche, in dem Du sie erst mit Wasser ausspülst, anschließend etwas Oxi-Braureiniger in die Flasche gibst und sie dann mit heißem Wasser auffüllst. Nach einigen Minuten sollte die Flasche sauber sein, bei besonders hartnäckigen Hopfenkrusten kann es auch schon einmal eine Stunde dauern. Anschließend die Flasche ausleeren und klar nachspülen.
Die nun angetauten Himbeeren in eine saubere Schüssel geben und mit einer sauberen Gabel grob pürieren. Anschließend das Püree in die Gärflasche geben.
Die Himbeeren werden nach dem Auftauen grob püriert
Anschließend werden die pürierten Himbeeren in die Gärflasche gegeben
Das Jungbier wird dann einfach mit der Abfüllpumpe auf das Pürree geschlaucht
Nun das Jungbier aus dem Topf mit der Abfüllpumpe zurück in die Gärflasche füllen. Übrigens, falls Du eine zweite Gärflasche, also eine → “Extra-Gärflasche” aus unserem Shop besitzt, kannst Du Dein Jungbier natürlich einfach von einer Gärflasche in die andere umfüllen und DIr den Kochtopf als Zwischenstation sparen.
Du kannst die Himbeeren auch direkt nach der Gärung in die Gärflasche geben, wenn das Jungbier noch auf der Hefe liegt. Wir entfernen den Hefesatz aber lieber und schlauchen das Jungbier anschließend auf die pürierten Himbeeren, erfahrungsgemäß gibt das weniger Sauerei beim späteren Abfüllen und außerdem wird der Hefesatz nicht durch absinkende Himbeeren aufgewirbelt.
Das Jungbier-Himbeer-Gemisch lässt Du nun 3 – 4 Tage lang ziehen. Anschließend wirst Du feststellen, dass die Himbeeren zum einen den Großteil ihrer Farbe abgegeben haben, sie sind jetzt nur noch weißlich-rosa. Zum anderen hat Dein Jungbier nun einen deutlichen Rosa- oder Rotton, je nach Menge der zugegebenen Himbeeren. Die Himbeeren schwimmen außerdem größtenteils an der Oberfläche, was das Abfüllen in Flaschen einfach macht.
Das aromatisierte Jungbier nach dem Stopfen mit 75g Himbeeren pro Liter
Fülle nun das Jungbier wie gewohnt mit etwas Haushaltszucker in Bierflaschen ab, lass es mindestens 3 Wochen reifen und stelle es anschließend noch einige Tage in den Kühlschrank. Du kannst Dein Raspberry Wheat auch mehrere Monate reifen lassen, die Säure der Himbeeren wird dann etwas feiner und das Bier insgesamt ausgewogener.
Kurzer Hinweis noch, bevor Du Dein erstes Himbeerbier probierst: Die Zugabe von Früchten macht selbstgebrautes Bier generell etwas unberechenbarer was die Karboniserung angeht. Also vor dem Öffnen die Flaschen ordentlich herunterkühlen und die erste Flasche über der Spüle öffnen, falls das Bier unerwartet stark schäumen sollte. Und nun heißt es: Prost!