Bier brauen, das ist in den Köpfen der meisten Menschen immer noch ein Männer-Business. Und tatsächlich, Braumeisterinnen sind heutzutage noch immer klar in der Unterzahl. Dabei war das nicht immer so: Frauen und Bier sind in der Geschichte eng verbunden und ein Mann am Braukessel war lange Zeit undenkbar!
Hausbier und Bierkränzchen
Die Entstehungsgeschichte des Bieres ist nicht eindeutig, aber relativ sicher ist, dass sie im Norden Afrikas oder im Vorderen Orient beginnt – und zwar mir achtlos stehen gelassenem Getreidebrei. Dieser begann in der Sonne zu gären und schmeckte anschließend, welch Überraschung, besser als vorher. Die Liebe zum berauschenden Getreidebrei war entflammt und wurde seitdem stetig weiterentwickelt – von Frauen! Die waren über lange Zeit für das Brauen des Bieres zuständig und trugen das Wissen über dieses Handwerk über Jahrhunderte weiter. Ebenso wie Kochen und Backen gehörte Bier brauen zur ganz normalen hauswirtschaftlichen Tätigkeit der Frau, ein Braukessel gehörte im Mittelalter nicht selten zur Mitgift einer Braut.
Das “Hausbier” wurde einmal die Woche gebraut und anschließend von der ganzen Familie getrunken, egal ob jung oder alt. Bier war außerdem häufig genießbarer und ungefährlicher als das Trinkwasser der damaligen Zeit – vor allem in großen Städten. Denn durch das Kochen während des Brauprozesses und dem entstehenden Alkohol wurden Keime und Bakterien reduziert. Der Hopfen hielt mit seiner Bitterkeit zusätzlich “gewisse Fäulnis von den Getränken fern”, wie die Äbtissin und Universalgelehrte Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert festhielt. Kein Wunder, dass sie ihren Mitschwestern riet: “Cervisiam bibat!” – frau trinke Bier!
Nach dem Brauen des Hausbieres gab es die schöne Sitte, die Frauen aus der Nachbarschaft zum “Bierkränzchen” einzuladen. Wenn dieser Brauch wirklich der Vorläufer des Kaffeekränzchens ist, dann würde es sich lohnen, eine alte Tradition wieder aufleben zu lassen! Zugegeben, selbstgebrautes Bier benötigt etwas mehr Vorbereitung als ein Cappuccino aus dem Kaffeevollautomaten, aber lustiger wären die Nachmittage dann bestimmt auch.
Hildegard von Bingen verfasste natur- und heilkundliche Werke und riet zum Biertrinken
Wie Bier brauen zur Männerdomäne wurde
Im Mittelalter begannen die Männer in (Herren-)Klöstern ebenfalls Bier zu brauen – Frauen gab es dort ja nicht. Und weil diese Klöster oft nicht nur Ländereien für den Getreide- und Hopfenanbau besaßen, sondern auch das Geld für richtige Brauanlagen, entstanden hier bald die ersten größeren Brauereien. Mit der Verlagerung des Brauens von der Küche in die Brauereien übernahmen hauptsächlich Männer das Braupaddel. Bier brauen war zu einem Beruf geworden und damit für längere Zeit für viele Frauen nicht mehr zugänglich.
Später führte die Industrialisierung zur Technisierung der Brauprozesse, auch hier behielten die Männer die Zügel bzw. das Braupaddel in der Hand. Aber Ausnahmen bestätigten hier die Regel – wie zum Beispiel Mathilde Schneider, die die bekannte Brauerei Schneider Weisse nach dem Tod ihres Mannes über die Zeit des ersten Weltkrieges rettete und nebenbei noch eines der besten Bockbiere der Welt einführte. Mit einem Schluck herrlichen “Aventinus” auf der Zunge wissen wir diese Leistung auch heute noch zu schätzen!
Brachte das “Aventinus” auf den Markt: Mathilde Schneider. Foto von Brauerei Schneider Weisse
Vor allem in kleineren Familienbrauereien haben zu allen Zeiten auch Töchter die Geschicke des Unternehmens mit in die Hand genommen. Durch das Aufkommen der Craft Beer Bewegung mit ihren wiederentdeckten und neuen Bierstilen ist die Wertschätzung für kleinere Brauereien wieder gestiegen. Weniger Masse, mehr handwerklich gebraute Biere stehen im Fokus. So werden auch die Inhaberinnen und Braumeisterinnen stärker wahrgenommen, wie zum Beispiel die Schwestern Moni und Gisi, die die Meinel Brauerei in Hof leiten oder Doreen Gaumann, Braumeisterin der Freien Brau Union Bremen.
Aber auch bei den großen Brauereien sind Frauen inzwischen präsent, die Hälfte der zehn größeren Brauereien in Deutschland wird laut Deutschem Brauer-Bund mehrheitlich von Frauen geführt. Mit dieser Entwicklung hat sich in jüngster Zeit glücklicherweise auch das Bild des Bieres verändert, vom herben Einheitsgetränk für Männer hin zu einem vielfältigen Angebot, bei dem für jeden Geschmack etwas dabei ist. Auch die Präsentation ist eine andere geworden, die Flaschenetiketten dürfen bunt und kreativ sein, die Biere werden aus eleganteren Gläsern getrunken. Vielleicht auch deshalb fühlen sich wieder mehr Frauen von Bier angesprochen. Uns gefällt’s!