Hopfenstopfen, auch „Kalthopfung“ oder im Englischen „Dry-Hopping“ genannt, ist aktuell wortwörtlich in aller Munde. Mittlerweile gibt es quasi keine Craft-Brauerei mehr, die nicht mindestens ein hopfengestopftes Bier ihr eigenes nennt. Aber was ist dieses Hopfenstopfen eigentlich, wieso ist es so beliebt und funktioniert das auch mit der Braubox?
Deutsche Biertrinker sind eigen. Sie trinken am Liebsten Pils, eigentlich fast nur. Und wenn es ums Reinheitsgebot geht, verstehen sie keinen Spaß: Ins Bier kommt nur Malz, Hopfen, Hefe und Wasser. Basta. Dass das Reinheitsgebot eigentlich nur noch als Marketing-Gag taugt und schon lange → ganz andere Gesetze für die kommerzielle Herstellung von Bier gelten, weiß eigentlich kaum jemand – und soll vermutlich am Besten auch keiner wissen.
Fakt ist allerdings, dass sich ein Bier in Deutschland per Gesetz nicht mehr Bier nennen darf, wenn während des Brauens z.B. Kräuter, Früchte oder Gewürze hinzugegeben wurden. Ein belgisches Kriek, das traditionell mit Kirschen eingebraut wird, hätte in Deutschland also keine Chance sich als „Bier“ in die Supermarktregale einzureihen. Umso interessanter, dass der Deutsche Brauerbund 2012 auch für deutsche Biere den Weg für das Hopfenstopfen ebnete. Aber dazu gleich mehr.
Warum stopft man Hopfen?
Die Idee des Hopfenstopfens ist, das Hopfenaroma im Bier zu intensivieren. Während sich das Hopfenkochen hervorragend eignet, um die Bitterstoffe aus dem Hopfen zu extrahieren, ist es eher ungeeignet, um intensive Hopfenaromen ins Bier zu bekommen – denn die volatilen Aroma-Öle verflüchtigen sich während des Kochvorgangs. Beim Hopfenstopfen bleiben sie allerdings erhalten – denn die Zugabe des Hopfens findet meist erst nach der Gärung statt, in einem Lagertank und bei niedrigen Temperaturen. Man kann das Ganze mit einem Teebeutel vergleichen: Dem Bier wird, nachdem es fertig vergoren wurde, Hopfen hinzugefügt. Dieser verbleibt dann für einige Zeit im Bier und „zieht durch“. So werden die spezifischen Hopfenaromen an das Bier abgegeben, nicht aber die Bitterstoffe (diese lösen sich erst bei hohen Temperaturen über 80 °C aus dem Hopfen).
Als Faustformal kann man also vereinfacht sagen: Beim Hopfenkochen lassen sich am Besten die Bitterstoffe aus dem Hopfen extrahieren, während sich Hopfenstopfen am Besten für das Lösen der Hopfenaromen eignet.
Immer rein damit: Beim Hopfenstopfen ist das Motto “viel hilft viel”.
Die Aromapalette (speziell von sogenanntem Aromahopfen) reicht von fruchtig-blumig über kräuterig-harzig bis hin zu würzig-erdig. Vor allem bei Bierstilen mit einem sehr fruchtigen Bouquet, z.B. IPAs (India Pale Ales) oder Pale Lagers, schwören Craft Beer Liebhaber auf die intensiven Aromen. Das Hopfenstopfen hat aber noch einen weiteren Effekt: Es macht das Bier haltbarer, was vor allem für die Bier-Exporte von England in die Überseekolonien im 18. Jahrhundert eine wichtige Voraussetzung war. Womit wir direkt bei der Geschichte des Hopfenstopfens sind:
Die (Kurz-)Geschichte des Hopfenstopfens
Erste schriftlichen Quellen zum Thema finden sich in der englischen Literatur ab ca. 1750. Aus ihnen wird klar, dass die Zugabe von Hopfen in Fässer mit fertigem Bier in erster Linie zur Verbesserung der Haltbarkeit des Bieres gedacht war, weniger wegen des herrlichen Aromas. Das Bier konnte so besser verschifft werden und wurde während der langen Seereisen nicht schlecht. Ob damals auch schon in Deutschland hopfengestopft wurde, darüber ist man sich uneinig. Fakt ist: Mit der Craft Beer Bewegung kam Hopfenstopfen als wiederentdeckter Trend auch nach Deutschland, und natürlich wurde erst einmal heftig diskutiert, ob der ganze Vorgang denn überhaupt mit dem Reinheitsgebot zu vereinbaren sei. Schließlich gab der Deutsche Brauerbund 2012 grünes Licht, und die Diskussion ums Hopfenstopfen und ein Gesetz, dass es in seiner Ursprungsform kurioserweise schon lange nicht mehr gibt (stattdessen gilt seit 1993 das sogenannte „Vorläufiges Biergesetz“, kurz VorlBierG), hatte ein Ende. Seitdem wird auch in deutschen Brauereien fröhlich gestopft.
Einmal tief einatmen: Hopfenaromen können fruchtig und blumig, aber auch erdig, harzig oder grasig sein
Hopfenstopfen mit der Braubox
Wer eine → Braubox besitzt und Lust auf geballte Aromenvielfalt im Selbstgebrauten hat, kann in der Küchenbrauerei mit einfachen Mitteln, wie Teebeuteln, Murmeln und etwas Schnur, das Bier nach Lust und Laune kalthopfen. Wir erklären, wie es geht, und geben etwas Hopfen-Inspiration! Die Anleitung hierfür stammt aus unserem Brau-Rezept-Buch → Der Ultimative Brau-Guide. Es enthält auch diverse Rezepte für hopfengetopftes Bier zum Nachbrauen!
Die beste Methode zum Hopfenstopfen ist es, gut dosierbare Hopfenpellets in das bereits vergorene Jungbier zu geben und danach wieder zu entnehmen. Hilfreich sind hier wiederverwendbare Vlies-Teebeutel mit Zugband, die man vielleicht sogar im Küchenschrank hat. Da die Hopfenpellets bei der Hopfengabe sehr stark aufquellen, sollte man die Menge entsprechend auf mehrere Beutel verteilen und nicht mehr als drei Gramm Hopfen pro Teebeutel verwenden. Damit die Hopfenfilter nicht an der Oberfläche schwimmen, legt man ein paar Murmeln mit in den Beutel, um ihn zu beschweren. Den Beutel dann mit einer Schnur verschließen und für zwei, drei Tage in das Jungbier absenken. Anschließend sehr vorsichtig an der Schnur wieder entnehmen, damit der Bodensatz nicht aufgewirbelt wird und der Beutel nicht reißt. Unsere Empfehlung: Am besten vor dem Hopfenstopfen auch noch den Hefe-Bodensatz entfernen, damit die Vlies-Beutel nicht in ihm versenkt werden. So wird auch beim Herausziehen der Beutel nicht allzu viel Hefe aufgewirbelt. Das ist ein Extra-Arbeitsschritt, aber der lohnt sich im Hinblick auf den späteren Geschmack des Bieres.
Dafür zunächst das Jungbier mit Hilfe des Schlauchs und der Abfüllpumpe in einen zweiten, gut desinfizierten Behälter, zum Beispiel einen Eimer, abpumpen. Fürs Säubern kommt hier wieder die Reinigungsflüssigkeit beziehungsweise kochend heißes Wasser zum Einsatz. Dabei die Flüssigkeit ganz vorsichtig mit der Abfüllpumpe von der Hefe abziehen. Anschließend die Gärflasche gründlich säubern und desinfizieren. Nun die Vlies-Beutel mit dem Hopfen samt Murmeln an der Schnur in die Gärflasche geben und das Jungbier wieder in die Flasche zurückpumpen. Im Fachjargon spricht man hier von „auf den Hopfen schlauchen“. Stopfen und Spund auf die Flasche, dann heißt es: abwarten! Nach zwei, drei Tagen den Hopfenbeutel aus der Gärflasche ziehen und das Bier auf die Flaschen verteilen.
Welcher Hopfen für welchen Bierstil?
Grundsätzlich gibt es keine in Stein gemeißelten Regeln, welche Hopfensorte zu einem bestimmten Bierstil verwendet werden sollte. Der Experimentierfreude sind keine Grenzen gesetzt. Es macht aber durchaus Sinn, das typische Aromaprofil eines Bierstils mit einer passenden Hopfensorte zu unterstreichen.
So geben fruchtig-blumige Hopfensorten, wie z.B. Cascade, Citra, Callista oder Ariana einem ohnehin schon fruchtigen IPA oder Pale Ale den Extra-Kick an “Obstkorb”-Aromen. Dunkle, malzige Bierstile – wie z.B. Brown Ales, Stouts oder Porter – vertragen sich gut mit würzigen, erdigen und kräuterigen Hopfenaromen. Geeignet sind hier z.B. die Hopfensorten East Kent Golding oder Fuggle. Wer etwas Erfahrung gesammelt hat, kann beim Stopfen auch mehrere Hopfensorten kombinieren.
Die Aromaprofile einiger beliebten Hopfensorten (die vollständige Liste gibt es in unserem Brau-Rezept-Buch → Der Ultimative Brau-Guide)
- Ariana: Zitrus, Johannisbeere, Birne, Pfirsich
- (Hallertau) Blanc: Stachelbeere, Weißwein, Grapefruit,
- Cascade: Grapefruit, Zitrus, Brombeere, Sahnebonbon
- Citra: Limette, Mango, Grapefruit
- East Kent Golding: Kräuter, Erde, Honig, Zitrus
- Fuggles: Wermut, Curry, Heu, grüner Tee
- Hüll Melon: Honigmelone, Erdbeere
- Magnum: Wald, Harz, Pinie
- Polaris: Eisbonbon, Ananas, Minze, Zitrone
- Simcoe: Maracuja, Zitrus, Harz, Pinie
- Tettnanger: Schwarzer Tee, Lebkuchen, Schokolade, blumig