Beyond Braubox: Interview mit Tommy Rölfs

Foto: Oliver Eberhardt (filmduene.de)

In unserer Serie “Beyond Braubox” stellen wir Hobbybrauerinnen und Hobbybrauer vor, die das Bierbrauen mit unserer → Braubox gestartet haben und mittlerweile größerformatig brauen. Wir wollen wissen: Wie lief die Vergrößerung der Braustätte konkret ab? In unserer ersten Folge sprechen wir mit Tommy Rölfs, der in diesem Jahr mit seiner Altbier-Kreation einen 1. Platz bei der diesjährigen Heimbrau Convention einfahren konnte. 

Jörg (von Besserbrauer): Moin Tommy. Du hast dich vor drei Jahren gar nicht erst lange mit dem 5-Liter-Format unserer → Braubox aufgehalten, sondern direkt mit unserem  20-Liter-Brauset dein erstes Brau-Abenteuer gestartet. Wie bist Du auf das Thema Bierbrauen aufmerksam geworden und hast entschieden, dass es für Dich als Hobby interessant sein könnte?  

Tommy: Das stimmt, ich habe im Oktober 2020 meinen ersten Sud mit Eurem 20-Liter Brauset gebraut, nachdem ich mir Euer Set von meiner Frau zum Geburtstag habe schenken lassen. Bier fand ich schon immer interessant und habe es gerne getrunken, allerdings war meine Welt vor dem Hobbybrauen tatsächlich lediglich auf Altbier und Pils beschränkt. Auf das Thema Hobbybrauen bin ich bereits einige Jahre zuvor gestoßen. Das dürfte etwa 2016 gewesen sein, damals brachte einmal ein ehemaliger Arbeitskollege sein selbstgebrautes Bier mit zur Arbeit, was er dann ganz stolz zum Feierabend vorstellte – und das war echt lecker! In den darauffolgenden Jahren habe ich das Ganze allerdings eher von der „anlagentechnischen“ Seite aus beobachtet. So bin ich damals auf das Hobbybrauerforum gestoßen und habe mir da ganz begeistert die Berichte der Braukollegen durchgelesen, über ihre selbst gebauten Braustätten. Und im Sommerurlaub 2020, zufällig im schönen Bierdorf Rettenberg im Allgäu, als ich eines Abends mal wieder im Forum mir ein paar Berichte angeschaut hatte, habe ich mir dann überlegt: Warum versuche ich es eigentlich nicht auch einmal selbst? Ich habe dann allerdings noch die nächsten Wochen und Monate genutzt, um mich tiefer einzuarbeiten. Ich habe mir verschiedene Literatur gekauft und im Internet weiterrecherchiert. Und irgendwann war er dann da, der erste Brautag!

Tommys “Bierkeller”, mit Braustätte (hinten rechts), Tresen, Sitzecke und Bier-Kühlschränken

Jörg: Für viele Hobbybrauer kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem über eine Vergrößerung der Braugeräte nachgedacht wird. Du hast damals im 20-Liter-Format angefangen zu brauen, ist das noch aktuell?

Tommy: Nein, das ist nicht mehr aktuell. Meine Brauanlage ist quasi von Jahr zu Jahr gewachsen. Ich habe sie aber auch von Anfang an so ausgelegt, bzw. die einzelnen Komponenten so gewählt, dass sie erweiterbar und skalierbar sind. Dafür ist Euer 20-Liter-Brauset plus Einkocher eine sehr gute Basis. Von Oktober 2020 bis heute habe ich in insgesamt 72 Sude gebraut, das sind knapp 1.800 Liter Bier. Natürlich nur für den eigenen Verbrauch, zuhause für Familie und Freunde. Alles wurde natürlich ordentlich versteuert und angemeldet (Anmerkung: Vor dem ersten Sud muss man sein Brauvorhaben beim Zollamt anmelden, 200 Liter selbstgebrautes Bier im Jahr sind dann steuerfrei). Ich berichte ja auch öffentlich über meine Brauerfahrungen, z.B. in der → Hobbybrauer-Gruppe auf Facebook und mittlerweile auch in dem → Podcast „Just Brew it“, zusammen mit David Chebbi und Bernd Unger. Die erste Erweiterung habe ich mir bereits nach wenigen Monaten – nämlich zu Weihnachten 2020 – gegönnt, denn da habe ich mir eine → Hendi 3500 xl (eine große Induktionsplatte) gekauft und einen 36-Liter-Topf. So musste ich zum Läutern nicht mehr in den Eimer umschöpfen, um dann in den EInkocher zurückläutern zu können, sondern ich konnte direkt vom Einkocher in den 36-Liter-Topf läutern. Das hatte auch den Vorteil, dass ich meine Ausschlagmenge, also die Menge an Würze, die ich am Ende im Gäreimer habe, von Anfänglich 18 bis 20 Liter auf etwa 20 bis 24 Liter erhöhen konnte (je nach Bierstil, für Weißbier braucht man z.B. mehr Platz im Gäreimer, da die Kräusen höher steigen). Im Laufe des ersten Jahres habe ich dann noch einen zweiten gebrauchten Emaille-Einkocher für 15 € von einem anderem Hobbybrauer gekauft, den ich seitdem für mein Nachgusswasser verwende. In dem Set-Up habe ich dann etwa 1,5 Jahre gebraut. Im Sommer 2021 habe ich mir zwar zusätzlich noch einen 60-Liter-Topf gekauft, um auch einmal 40- bis 50-Liter-Sude brauen zu können, aber das habe ich seitdem ehrlich gesagt erst dreimal gemacht. Die nächste größere Veränderung kam dann im Oktober 2022, wieder zu meinem Geburtstag. Da habe ich mir eine zweite Hendi-Induktionsplatte, sowie einen weiteren 36-Liter-Topf und die Steuerung → BierBot Brick  gekauft, bzw. teilweise schenken lassen. Dies ist auch immer noch mein aktuelles Set-Up.

Die beiden Hendi-Induktionsplatten und 36-Liter-Töpfe im Einsatz. Rechts oben im Bild: Der Emaille-Einkocher.

Darf auch nicht fehlen: Das obligatorische Brautag-Selfie

Wenn ich hier am Topflimit braue, was ich eigentlich immer mache, komme ich am Ende auf etwa 26 bis 28 Liter im Gäreimer. Was wiederum auch die Kapazitätsgrenze der Gäreimer ist. Hierfür verwende ich übrigens nicht mehr Euren Gäreimer, sondern ich kaufe für kleines Geld einmal im Jahr zwei neue transparente Kunststoff-Eimer, die 33 Liter Kapazität haben. Das hat auch den Vorteil, dass man die Gärung beobachten kann. Was ich noch nicht erwähnt habe: Bereits nach einem Jahr habe ich mir dann auch den ersten Gärkühlschrank gekauft, so dass meine Gärung seit dem kontrolliert mit einem → Inkbird verläuft (welcher die Temperatur misst und im Kühlschrank steuert). Natürlich habe ich auch noch ein paar andere Dinge optimiert: Irgendwann kam ein zweiter Gärkühlschrank hinzu, meine Extraktmessungen und Stammwürzebestimmung mache ich mittlerweile mit einem → EasyDens.

Das Bier-Hydrometer EasyDens: Einfache und schnelle Bestimmung von Stammwürzegehalt und Restextrakt

Für meine ersten Sude habe ich geschrotetes Malz gekauft. Bereits ab dem dritten Sud habe ich dann eine → Corona Malzmühle verwendet. Die habe ich aber bereits im ersten Jahr gegen eine → Mattmill Student inkl. Motorkit ausgetauscht. Aber auch diese habe ich dann bereits wieder im zweiten Jahr gegen eine größere und stärkere → Matmill Master ausgetauscht, mit der ich aktuell immer ganz frisch zu Beginn des Brautages schrote. Der Vorteil all dieser Produkte, insbesondere der wirklich sehr hochwertigen Mattmill-Produkte, ist die Tatsache, dass man sie mit wenig Wertverlust wieder verkaufen kann. So freut sich dann der nächste Hobbybrauer und man selbst kann sich stetig weiterentwickeln. 

Tommys aktuelle Malzmühle, die “MattMill Master”

Zur schnellen Würzekühlung – was ich übrigens direkt in der Pfanne mache – habe ich mir direkt zum ersten Sud einen → Edelstahl-Spiralkühler gekauft. Diesen habe ich nach etwa 1,5 Jahren aber auch schon wieder verkauft und habe mir damals, gemeinsam mit drei weiteren Braukollegen in einer Sammelbestellung, einen → Hydra Kupferspiralkühler von JaDeD aus den USA besorgt. Dieser benötigt im Winter, wenn das Leitungswasser zum Kühlen kalt genug ist, lediglich 10 bis 15 Minuten um von 100 °C auf 10 °C zu kommen. Da mein Leitungswasser im Sommer allerdings etwa 20 °C warm ist, nutze ich zusätzlich, ab ca 22 °C, wenn man das Leitungswasser nicht mehr kühler bekommt, für Altbier (13 °C Anstelltemperatur) und untergärige Bierstile (8 bis 10 °C Anstelltemperatur) Eiswasser, was ich etwa zwei Tage zuvor im dann noch leerem Gärkühlschrank auf 0 °C runter kühle und dann mit Hilfe einer kleinen Aquariumpumpe durch den Kühler im Kreis laufen lasse.

Der Kupferspiralkühler im Einsatz, rechts der Gäreimer aus dem Besserbrauer 20-Liter-Brauset 

Das Braupaddel stammt ebenfalls noch aus dem Besserbrauer 20-Liter-Brauset

Dafür benutze ich übrigens öfter noch Euren Gäreimer aus Eurem 20-Liter-Brauset. Was ich ebenfalls noch aus Eurem Set benutze, ist das Maischepaddel, sowie ab und an, wenn ich im Thermomix 3 Liter Starterwürze ansetze, nutze ich auch den kleinen Monofilamentfilter aus dem Set noch. Da ist das, was ich mit kontinuierlich erweitern und skalieren meine. Aber das Wichtigste ist, auch genug Kühlmöglichkeiten zu haben, denn Bier braucht Kälte zum Reifen und Lagern, daher sieht es bei uns im Keller auch aus wie in einem Gebrauchtwarenladen für Kühlschränke.

Jörg: Als Düsseldorfer kommst Du aus einer Gegend mit vielen aktiven Vereinen und Stammtischen rund ums Thema Hobbybrauen. Du hast bereits einige Hobbybrauer-Kollegen erwähnt. Erzähl uns doch etwas über die Hobbybrauer-Szene rund um deine Heimat!

Tommy: Wir haben hier in Düsseldorf den → Düsseldorfer Hobbybrauerstammtisch, der bereits seit knapp 10 Jahren existiert. Wir treffen uns jeden ersten Dienstag im Monat und sind etwa 15 bis 20 aktive Hobbybrauer, die regelmäßig dabei sind. Insgesamt würde ich die Anzahl der Mitglieder auf knapp 30 schätzen. Durch den Stammtisch habe ich sehr viel gelernt, bzw. erfahre immer noch sehr viel Hilfe. Sei es bei der Fehlersuche, bei der Rezeptentwicklung oder bei ganz praktischen akuten Problemen. Wir haben nämlich auch eine eigene Whatsapp-Gruppe – dort wird dir in der Regel umgehend geholfen, selbst wenn man gerade mitten im Brautag steckt und irgendein Problem hat. Ich kann also nur jedem Hobbybrauer empfehlen, egal ob Anfänger oder alter Hase, tauscht Euch aus! Die gesamte Hobbybrauer-Community ist eine unheimlich nette Szene. Ich war auch schon einmal in Mainz zu Gast, da hat die → Brausportgruppe ein Fehlaromen-Seminar organisiert. Wir haben selbst auch immer mal „Gäste“ zu Besuch – genau so sollte es sein!!

Jörg: Deine Liebe zum Düsseldorfer Altbier ist offensichtlich, Du hast mit einer eigenen Altbier-Kreation sogar den 1. Platz in der Kategorie “Altbier” bei der Heimbrauconvention 2023 belegt. Welche Biere braust Du sonst noch gerne oder planst Du aktuell zu brauen?

Tommy mit seiner Siegertrophäe bei der HBCON 2023

Tommy: Ich braue sehr unterschiedliche Biere. Eigentlich alles klassische Bierstile, wie Pils, Alt, Kölsch, Märzen, Wiener Lager, Weißbier. Aber auch in Deutschland nicht ganz so klassische Bierstile wie Stout, West Coast IPA, NEIPA, American Pale Ale, Golden Ale, Cream Ale. Was ich nicht gerne trinke und das braue ich auch nicht, sind Belgische Biere sowie Sauerbiere. Auch übertreibe ich es nicht gerne. Das nächste Trippe Dry-Hopped West Cost IPA aus dem Eichenfass mag für einige interessant sein, aber das ist nichts für mich. Bei → MaischeMalzundMehr gibt es neben meinem Altbier-Rezept von der HBCON noch weitere Rezepte von mir: Dafür in der Datenbank einfach → nach „Tommys G-Bräu“ suchen!

Jörg: Hast Du am Anfang Deiner Hobbybrauer-Karriere Fehler gemacht, die sich hätten vermeiden lassen? Welche Tipps würdest Du Brau-Einsteigern für den Anfang geben? 

Tommy: Fehler gehören dazu. Tatsächlich ist mein allererstes Bier, welches ich mit Eurem Brauset gebraut habe, leider nichts geworden. Hier lag der Fehler daran, dass ich die Flaschen nicht richtig sauber gemacht habe. Denn manche Flaschen waren in Ordnung, die meisten aber eben leider nicht. Ich denke, der größte Fehler, den man machen kann, ist sich nicht gut genug vorzubereiten, sprich einzulesen. Bier brauen ist ein Handwerk, was man erlernen muss und zurecht auch ein Ausbildungsberuf ist. Denn schließlich wird ein Lebensmittel hergestellt. Auch sollte man auf die Erfahrungen anderer hören. Natürlich muss man hier differenzieren – insbesondere im Hobbybereich kommt der typische Spruch „Hab ich immer so gemacht, hat nie Probleme gegeben“ sehr oft. Ein Fehler ist es, nicht zu erkennen, was falsche Gewohnheiten sind und man nicht nachmachen sollte. Ich hatte das Glück, dass von meinen bisher insgesamt 72 Suden lediglich eine Handvoll (vermutlich tatsächlich nur vier bis fünf) nichts geworden sind. Was aber nicht heißt, dass alle anderen Biere absolut perfekt waren. Natürlich habe ich auch Biere gebraut, da passte das Rezept nicht richtig. Das Bier war insgesamt nicht stimmig. Nur weil es handwerklich gut und fehlerfrei ist, muss es ja nicht perfekt sein. Mein häufigster Fehler war ein falsches Hefemanagement, also nicht mit genug Hefe angestellt zu haben, gestresste Hefe benutzt zu haben, dem Starter nicht genug Zeit gegeben zu haben oder ähnliches. Vielleicht ist die wichtigste Zutat für uns Hobbybrauer auch einfach nur Geduld!

Jörg: Vielen Dank für deine Zeit und allzeit Gut Sud!